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Eintrag Nummer: 18
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Armin Landgraf
übermittelt am 09.09.2011

Lieber Herr Professor Braun,

ich war tief beeindruckt von Ihrem neuen Oratorium Das Feuer Gottes, dessen Uraufführung ich am vergangenen Samstag in der Mannheimer St. Jakobuskirche erlebte. Sie haben der Musikwelt ein leidenschaftlich glutvolles Werk vermacht, dass mit den (musik-) geschichtlichen Erfahrungen des 20. Jahrhunderts in umfassender Weise die christliche Heilsbotschaft thematisiert, wie es im 18. Jh. Händel mit seinem Messias und im 19. Jh. Liszt mit seinem Christus getan haben, jeder auf seine Art. Es wäre höchst reizvoll, Analogien und Unterschiede der drei genannten Werke herauszuarbeiten, doch sei dies der Zunft der Musikwissenschaftler überlassen. Vorab nur dies: Ihr Opus ultimum zeigt, dass die musikalische Kunst - und die Kirchenmusik - noch lange nicht am Ende sind!

Hier möchte ich nur einige Dinge streifen, die mir aufgefallen sind und die m.E. zur Legitimationsgrundlage Ihrer Auseinandersetzung mit dem christlichen Hauptthema und zur musikalischen Neudurchdringung des Stoffes gehören.

Die Beschränkung allein auf den Bibeltext, unter Akzentuierung der Metapher vom Licht bzw. Feuer, ohne weitere literarische Beigaben (etwa im Gegensatz zu Blarrs jüdisch verbrämten Oratorien), enthebt Ihr Werk jeder evtl. ideologischen Verdächtigung. Der Verzicht, auch der christlichen Zukunftshoffnung einen Platz im Oratorium einzuräumen, mag vermutlich der heute allgemeinen Skepsis gegenüber jeglicher Utopie geschuldet sein.

Wie schön, dass Ihr Stück keinerlei „Effekthaschereien“ und Exaltiertheiten bedarf, der musikalische Verlauf ist stringent und fesselt bis zum Schluss. Hochinteressant, -möglicherweise aber missverständlich und provokant, - dass Sie bei Tod und Auferstehung Jesu so gut wie ganz auf das Wort verzichten (und dafür dem Hörer einen schriftlichen Erklärungsablauf der Musik an die Hand geben). Wir merken: Die symphonische Dichtung Franz Liszts lebt! (Er hat in seinem Christus ja ähnliche Dinge gemacht, allerdings nicht an theologisch zentraler Stelle).

Die Gretchenfrage der Musikkritik, wie „modern“ ein Werk sei, stelle ich nicht. Mir genügt, wenn es „spannend“ ist. Ab und zu Klänge und Strukturmuster zu erkennen, die man schon einmal woanders wahrgenommen hat, spricht m.E. nicht gegen Originalität und Einfallsreichtum. - Nur eine Besetzung hat mir nicht gefallen, trotz hervorragender Leistung: Paulus als Frauenalt? - Nein, das muss ein Altus (Männerstimme!) sein. Nur ein solcher kann diese leidenschaftliche Partie ausloten und dem aufgewühlten Orchester Paroli bieten.

Alles in allem: Ihnen ein großes Danke für dieses Feuer Gottes!

Mit herzlichen Grüßen
Ihr Armin Landgraf

PS. Sollte eine CD von dem Werk erscheinen, bitte ich um Benachrichtigung.